In diesem Winter nehmen sich die Energiemanager der Homer-Grundschule neben den Klassenräumen auch die Flure vor. Anders als in den Klassenräumen können sie hier nicht am Computer energiesparende Einstellungen vornehmen. Denn die Heizkörper in den Fluren haben manuell verstellbare Thermostate, die allerdings fixiert sind, so dass sie nur vom Hausmeister umgestellt werden können. Was die jungen Energiemanager daran stört, ist die Tatsache, dass die Thermostate überall mindestens auf Stufe 3 stehen, in manchen Bereichen sogar auf Stufe 4 und 5.
Weil sie gelernt haben, dass die Temperaturnorm für Schulhaus-Flure 17 Grad Celsius beträgt, schlugen die Energiemanager vor, die Einstellung von „3“ auf „2“ zurückzufahren. Um auf ihren Vorschlag aufmerksam zu machen, bestückten sie an einem Nachmittag alle Flurthermostate mit roten Anhängern, auf denen stand: „Ich bin zu warm. Stufe 2 reicht mir!!!“ (siehe Foto unten).
So drang der Vorschlag am anderen Tag auch zu Schulleiter Uwe Blachnik. Der fand die Aktion „eine nette Idee“, hatte aber den Einwand, dass es in den Fluren, insbesondere im Erdgeschoss zu kalt werden könnte. Denn auch wenn die Homer-Grundschule in der komfortablen Lage ist, nicht wie einige andere Berliner Schulen auch auf den Fluren Unterricht halten zu müssen, so solle man sich doch im Erdgeschoss-Flur für ein Gespräch aufhalten können, ohne einen Mantel anziehen zu müssen.
Die Energiemanager erreichten aber, dass eine Ortsbesichtigung zusammen mit dem Hausmeister und der Wartungsfirma zu den Flurthermostaten stattfand. Man einigte sich dann darauf, zunächst nur im 3. Obergeschoss die Thermostate alle fest auf Stufe 2 einzustellen. Die Energiemanager sagten ihrem Schulleiter zu, die Situation mit Messreihen zu untersuchen, um zu sehen, ob die Absenkung einen Effekt hat und ob die Temperatur in den Fluren nicht unter 17 Grad absinkt. Die Messreihen wurden systematisch an mehreren Messpunkten auf jeder der vier Etagen geplant (siehe Bild oben).
Ein erster Vorher-Nachher-Vergleich ergab eine Absenkung der Temperaturen, die jedoch immer noch im Wohlfühlbereich über 17 Grad liegen – siehe die untenstehende Grafik. Es zeigte sich auch, dass vielleicht sogar Stufe 1,5 oder 1 ausreichend wäre. Nach den Winterferien wollen die Schüler mit Temperaturloggern eine Dauermessung über mehrere Tage organisieren, um den Effekt noch genauer absichern zu können. Danach wünschen sie sich, dass auch die anderen Etagen mindestens auf Stufe 2 eingestellt werden, außer im Erdgeschoss, wo es tatsächlich bereits kühler ist als auf den anderen Etagen, wie die bisherigen Messungen gezeigt haben. Aber auch wenn der „Kampf um die Flurthermostate“ auf drei von vier Etagen gewonnen wird, ist das ein großer Erfolg der Energiemanager und des sie betreuenden Lehrers Tobias Berger.
Das gefiel den angehenden Energiemanagern an der Grundschule im Blumenviertel gar nicht: In ihren Arbeitsunterlagen fanden sie nämlich eine Grafik, bei der ihre Schule unangenehm herausstach: Mit fast 170 kWh pro Quadratmeter und Jahr scheint der Energieverbrauch hier an der Spitze aller „Köpfchen statt Kohle“-Schulen zu liegen. Der bundesweite Durchschnitt für Schulen liegt bei 100 kWh. Da die Grundschule im Blumenviertel modernisiert ist, die Fenster dicht sind und es hier sogar eine automatische Lüftungssteuerung gibt, wunderten sich die Energiemanager sehr.
Bis sie an ihre Turnhalle dachten. Das alte Gebäude im Stil einer Wellblechhalle mit einem tonnenförmigen Dach ist nicht an die Heizungssteuerung der Schule angeschlossen. In den Umkleideräumen befinden sich Heizkörper, die sich manuell verstellen lassen. Die hohe Sporthalle selbst wird mit Warmluft temperiert, die durch mehrere Lüftungsschlitze in den Raum geblasen wird. Die Regelung übernehmen die Sportlehrer an einer Handsteuerung, wo sie Zuluft und Abluft ein- und ausschalten können. Die Energiemanager beschlich der Verdacht, diese Turnhalle könnte die Energieschleuder sein, die die Energiebilanz ihrer Schule versaut.
Um sich ein Bild der Temperatursituation in der Halle zu verschaffen, brachten die Energiemanager über mehrere Tage einen Temperaturlogger an, der die Werte alle paar Minuten aufzeichnet. Bei der Auswertung bestätigte sich der Verdacht. Zum einen ist die Halle nahezu ständig mindestens 20 Grad warm, obwohl Turnhallen an sich mit 17 Grad auskommen müssten. Zum anderen aber kommt es durch die manuelle Regelung offenbar dazu, dass die Halle in Zeiten, in denen sie gar nicht genutzt wird, also auch über Nacht auf 23 Grad und mehr aufgeheizt wird. „Wenn das keine Energieverschwendung ist!“, stellen die Grundschüler fest. In der untenstehenden Grafik ist die Temperaturkurve blau eingezeichnet (linke Skala).
Die Messungen haben aber auch noch etwas anderes ergeben. Anscheinend liegt die Luftfeuchtigkeit in der Halle nur zwischen 25 und 35 Prozent relativer Feuchtigkeit (im Diagramm: rote Kurve, rechte Skala). Gesund wäre ein Wert zwischen 50 und 70 Prozent. Die Ursache dafür vermuten die Schüler in der Gebläsebeheizung der Turnhalle. Da die Halle beim Bezirk als nicht sanierbar gilt und irgendwann abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll, hoffen die Energiemanager darauf, dass das möglichst bald passiert. Mehr können sie nicht tun.
Im Schulhaus selbst warten jedoch gewaltige Aufgaben auf sie. Nachdem sie begonnen haben, am PC des Hausmeisters die Heizungsregelung zu überprüfen, fiel ihnen auf, dass nahezu alle Räume auf 22 Grad Celsius eingestellt waren, obwohl die Norm für Schulen bei 20 Grad liegt. Jetzt sollen alle Räume entsprechend angepasst werden. Das allein reicht aber nicht aus. Die Anpassung der Heizzeiten an die tatsächliche Nutzung wird die Energiemanager noch einige Stunden kosten. Zumal sie in der Grundschule am Blumenviertel nicht nur die Heizung per Computer steuern können, sondern auch die automatische Fensteröffnung zur Belüftung. Die Einstellungen, die die Energiemanager hier vorgefunden haben, entsprechen der Unterrichtsrealität in den Klassenräumen längst nicht mehr.
Und als dritte Aufgabe kommt hinzu, dass sie immer wieder auf völlig überheizte Räume stoßen, die sich anscheinend gar nicht mehr regeln lassen. Bei der Überprüfung des Musikraumes zum Beispiel, sind die darauf gestoßen, dass die viel zu hohen 25 Grad, die hier oft herrschen, anscheinend daher rühren, dass von drei Heizkörpern einer sein Ventil gar nicht mehr schließt, sondern ständig durchheizt. Eine entsprechende Prüfanfrage an die Wartungsfirma W.E.N.-Consulting haben die Schüler gleich losgeschickt. Die Überprüfung defekter Ventile gehört inzwischen zu den Standardaufgaben der jungen Energiemanager. Nicht immer sind diese Defekte so leicht zu erkennen wie im Bild rechts aus der Schule am Falkplatz, wo jetzt wieder mindestens drei solcher offenbar nicht mehr funktionierender Heizkörper gefunden wurden.
Die Energiemanager empfinden sich deshalb manchmal als verlängerter Arm der Bezirksverwaltung. Tatsächlich gelingt es bei „Köpfchen statt Kohle“, die Zusammenarbeit der zuständigen Ämter und Stellen zu verbessern und die Behebung von Anlagendefekten, auf die die Energiemanager immer wieder stoßen, zu beschleunigen. Ein Grund dafür ist auch der Projektbeirat von „Köpfchen statt Kohle“, der sich mindestens alle drei Monate trifft und in dem Bauamt, Schulamt, Senatsverwaltung und die externen Dienstleister eng zusammenarbeiten. Seit diesem Schuljahr sind zwei neue Gesichter in diesem Gremium hinzugekommen: Susanne Füllgraf, die als Referatsleiterin in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft die Schulaufsicht in Pankow innehat, und Hanna Burkhardt, die im Team von stratum die pädagogische Projektbegleitung verstärkt. Das Foto oben zeigt anlässlich der letzten Beiratssitzung im Pankower Schulamt (v.l.n.r.): Hanna Burckhardt (stratum), Jürgen Bornschein (Bauamt), Susanne Füllgraf (Schulaufsicht), Ilka Wagnitz (Schulamtsleiterin) und Richard Häusler (Projektleiter bei stratum).
In diesem Projektbeirat sind auch die Weichen für den Ausbau der Energie-Lernwerkstatt in der Robert Havemann-Schule gestellt worden. Künftig soll die Lernwerkstatt unter den Namen „Energiezentrum Pankow“ firmieren. Dies signalisiert den hohen Anspruch, der mit dem Projekt verbunden ist. Das Energiezentrum soll zentrale Bedeutung für die praxisbezogene Energiebildung an den Pankower Schulen erlangen. Hier werden künftig Schüler und Lehrkräfte aller Schularten qualifiziert und dabei unterstützt, Energiethemen ganzheitlich, praktisch und auf modernstem technischen Stand anzugehen. Funktionsmodelle, Modellbausätze, Experimentierumgebungen und reale Anschauungsobjekte für Energieerzeugung und -umwandlung stehen dazu bereit. Werkstattleiter Norbert Hansen deckt den handwerklich-technischen Bereich ab und der Physik-Fachleiter Christian Strube (Foto oben) verantwortet den fachlichen und didaktischen Part. „Köpfchen statt Kohle“-Schulen haben die Chance, als erste die Möglichkeiten des Energiezentrums zu nutzen und das Angebot zu testen.