In diesem Winter wollen mehrere „Köpfchen statt Kohle“-Schulen nicht nur Energiesparen, sondern eine Lösung für das Problem der schlechten Raumluftqualität während der Heizperiode finden. Sie haben es dabei mit einem Zielkonflikt zu tun: Um Heizenergie nicht zu verschwenden, sollen die Fenster möglichst geschlossen bleiben. In der warmen Luft steigen die Kohlendioxid-Werte in einer Schulklasse jedoch sehr schnell an und überschreiten die derzeitigen empfohlenen Richtwerte für „gute“ Luft in Innenräume deutlich. 800 bis 1.000 ppm CO2 schlagen die Experten als Obergrenze vor. Wie das untenstehende Messprotokoll der Energiemanager in der Grundschule unter den Bäumen zeigt, werden jedoch 3.000 ppm ohne weiteres erreicht. Bei so hohen CO2-Werten in der Atemluft sinkt erwiesenermaßen die Konzentrationsfähigkeit der Schüler erheblich – wie u.a. der Leitfaden „Besseres Lernen in energieeffizienten Schulen“ feststellt.
Die Projektgruppe an der Grundschule unter den Bäumen ist die erste, die damit begonnen hat, Datenlogger für die Aufzeichnung der CO2-Werte einzusetzen.
Anders als die normalerweise verwendeten Messampeln zeigen diese Geräte nicht nur den aktuellen Messwert zum Ablesen, sondern speichern eine große Menge von Messwerten, die danach am Computer ausgewertet werden können. Die Schüler möchten damit eine wissenschaftlich belastbare Aufnahme der Ist-Situation zur Raumluftqualität machen und die beste Lüftungsstrategie im Unterricht erproben. Unser Foto zeigt das Team der Grundschule unter den Bäumen zusammen mit ihrem Betreuer Martin Biermann (v.l.n.r.: Lennard, Annabell, Martin Biermann, Paul, Dustin, Tilo, Rasmus, Elias).
Die Projektgruppe der Grundschule unter den Bäumen trifft sich jede Woche einmal am Nachmittag im Rahmen des Schülerclubs. Auch mit ihrem Hausmeister Ralf Knoblauch haben sie bereits darüber gesprochen, was sie vorhaben. Sie haben sich von ihm die Heizanlage zeigen lassen und erfahren, dass die Schule momentan mit einem Heizkessel auskommen muss, da der zweite Kessel marode ist und ausgetauscht werden muss. Außerdem haben sie sich nach der Heizungsregelung am Computer erkundigt (siehe Foto), für die die Schüler nach bestandenem Energiemanager-Test selbst Verantwortung übernehmen wollen. Sie bekommen dann einen eigenen Steuerungscomputer mit Zugriff auf die nutzerbezogenen Heizungseinstellungen (Raumtemperatur und Heizzeiten).
Auch mehrere andere „Köpfchen statt Kohle“-Schulen haben inzwischen einen Datenlogger für die Langzeitmessung der CO2-Werte in Klassenräumen erhalten. Nach den Weihnachtsferien beginnen auch sie mit der Aufzeichnung der Messdaten. Alle gesammelten Daten sollen dann zusammen mit den Erfahrungen und Empfehlungen der Schüler in einem „Raumklimabericht“ dokumentiert und der Bezirksverwaltung übergeben werden. Projektleiter Richard Häusler schätzt, dass dieser Bericht schon im April fertiggestellt sein könnte.
Mit der Grundschule im Blumenviertel steigt jetzt bereits die achte Pankower Grundschule in das „Energiemanager“-Programm ein. Motiviert durch zwei Projektwochen zum Thema Energie, an denen alle vierten bis sechsten Klassen der Blumenviertelschule teilnahmen, werden sich ab Januar einige Schüler wöchentlich im Rahmen einer Lerngruppe auf die Energiemanager-Qualifizierung vorbereiten. Irmtraud Pelzl wird als Lehrkraft für Naturwissenschaft zusammen mit einem Mitarbeiter des „Köpfchen statt Kohle“-Teams die Lerngruppe betreuen. Der Einstieg über eine vorangestellte Energiebildungssequenz hat sich nach Ansicht der Lehrkraft sehr gelohnt. „Die Schüler haben jetzt einen praktischen Begriff von Energiearten und Energieumwandlung, den ich mit meinen unterrichtlichen Möglichkeiten alleine nicht so hätte vermitteln können“, stellt sie fest. Tatsächlich besteht der „Unterricht“ durch „Köpfchen statt Kohle“ überwiegend aus spielerischen Elementen, Experimenten und dem Einsatz von Messgeräten, die eine Grundschule normalerweise nicht im Fundus hat.
Die Herausforderung, unsere Schulen energieeffizienter zu machen, setzt jedoch solche aktivierenden Lernformen und Beteiligungsmöglichkeiten, wie „Köpfchen statt Kohle“ sie anbieten kann, voraus. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine wissenschaftliche Untersuchung, die im Rahmen der Forschungsinitiative „En.Eff:Schule“ entstanden ist. Die Evaluation der Erfahrungen mit sechs modellhaften Vorhaben der energetischen Sanierung von Schulen in Deutschland ist jetzt auch als Buch erschienen. Ihre Ergebnisse bestätigen den methodischen Ansatz, den der Bezirk Pankow mit „Köpfchen statt Kohle“ gewählt hat, in mehreren wesentlichen Punkten:
- Energiebildung muss unbedingt in der Grundschule beginnen: „Bei der Betrachtung über alle Schulen“, so heißt es in der Studie, „zeigte sich der Trend, dass das Thema ‚Energiesparen‘ mit zunehmendem Alter an Bedeutung verliert… Dies legt die Schlussfolgerung nahe, das Thema früh in der Schule intensiv zu behandeln, da in den späteren Schuljahren das Interesse daran nachlässt“.
- Die Schulen und die Lehrer benötigen externe Unterstützung, Hilfestellung und methodische Angebote: „Die Schüler hielten ihren eigenen Beitrag zum Energiesparen an der Schule für hoch. Die Lehrer hingegen glaubten“, so fanden die Wissenschaftler heraus, „dass die Schüler nicht so viel beitragen können“.
- Technik und Gebäudeautomation funktionieren nie optimal ohne die Einbindung der Nutzer: Die Autoren der Studie stellen fest, „die Gebäudeautomation sollte nicht einfach im Hintergrund des Gebäudes laufen und den Nutzer komplett entmündigen. Vielmehr muss gerade in Bildungsstätten darauf geachtet werden, dass die Technik dazu verwendet werden kann, den Lehrkräften zu ermöglichen, Sachverhalte im Energieverbrauch des Klassenzimmers den Schülern begreifbar machen zu können“.