Eigentlich sind die Schülerinnen und Schüler, die sich in den „Köpfchen statt Kohle“-Projekten engagieren, auf der Suche nach Energieverschwendung in Form von überheizten Räumen, zu langen Heizzeiten, falschem Lüftungsverhalten, fehlender Nachtabsenkung oder defekten Heizungsthermostaten. Was die Siebt- bis Zehntklässler des Robert-Havemann-Gymnasiums derzeit aber für einen Teil ihrer Schule machen, erscheint paradox: Sie dokumentieren viel zu schlecht beheizte und zu kalte Unterrichtsräume. Dabei setzen sie direkte Messungen ebenso wie Datenlogger ein, die die Temperaturen während längerer Zeiträume messen und aufzeichnen.
Seit nämlich im gesamten zweiten Obergeschoss des Gymnasiums eine computergesteuerte sogenannte zentrale Einzelraumsteuerung eingerichtet worden ist, klagen die Lehrkräfte über viel zu kalte Klassenzimmer. An sich ist die zentrale Steuerung eine feine Sache, denn sie ermöglicht prinzipiell die genaue Anpassung der Heizzeiten an die Nutzungszeiten jedes Raumes, ohne dass ständig an den Thermostaten einzelner Heizkörper herumgedreht werden müsste. Das Problem dabei ist, dass die Steuerung natürlich darauf angewiesen ist, dass die in der Prozesskette davon liegende Hardware und deren Einstellungen – also die Vorlauftemperaturen des Heizsystems, die Pumpenleistung, die Rohr- und Ventilquerschnitte und die Druckverhältnisse in der gesamten Heizanlage – in Ordnung sein und den Anforderungen des Gebäudes entsprechen müssen.
Da diese Voraussetzungen nun anscheinend im Robert-Havemann-Gymnasium nicht erfüllt sind, sieht der Einstellungsbildschirm für die betroffenen Klassenräume so aus wie in dem untenstehenden Bild. Um halbwegs erträgliche Temperaturverhältnisse zu bekommen, wurde hier eine Dauerbeheizung rund um die Uhr an sechs Tagen pro Woche eingegeben, nur dem Samstag hat man ausgenommen.
Dass so etwas eigentlich widersinnig ist, regt die jungen Energiemanager auf. Dennoch bleibt ihnen nichts anderes übrig, als zunächst einmal die Räume zu dokumentieren, die trotz der aberwitzigen Heizzeiten immer noch zu kalt sind – wie z.B. Raum 231 (siehe Diagramm unten). In diesem Raum beträgt die Durchschnittstemperatur 17 Grad, nur ganz kurz wird es mal eine halbe Stunde auch 18 oder 19 Grad. Die Energiemanager wollen demnächst einen Brief an die zuständige Verwaltung schreiben, damit das Problem grundlegend gelöst wird und sie wieder ihrem normalen Job nachgehen können – Energie zu sparen, ohne dass jemand in der Schule frieren muss.
Ebenfalls eine Spezialität des Robert-Havemann-Gymnasiums, aber in diesem Fall mit positiver Betonung, ist die Einrichtung des „Energiezentrums Pankow“ in den früheren Arbeitslehre-Werkstätten der Schule. In mehreren Räumen stehen hier Metall- und Holzverarbeitung, technische Experimente und Anschauungsbeispiele zur Verfügung, um Grundlagen der Energietechnik praktisch zu erleben. Viele der 15 Grundschulen, die bei „Köpfchen statt Kohle“ dabei sind, haben ihre Projektgruppen, aber auch ganze Schulklassen hierhergeschickt, damit sie beim Bauen von Modellen und das Funktionsprinzip von Solar- oder Windenergie verstehen. Nachdem fast ein ganzes Schuljahr lang die personelle Betreuung der Energiewerkstatt verwaist war, kann es jetzt wieder mit vollem Einsatz weitergehen. Denn inzwischen ist ein WAT-Lehrer, Lutz Prill (Foto oben), gefunden worden (WAT steht für „Wirtschaft, Arbeitslehre, Technik“), der sowohl den praktischen wie den theoretischen Teil des experimentellen Lernens im Energiezentrum übernimmt. Nicht nur die „Köpfchen statt Kohle“-Schulen, sondern alle Pankower Schulen können das Energiezentrum im Robert-Havemann-Gymnasium nutzen. Hier die Kontaktadressen für die Terminvereinbarung und die Absprache der Werkstattthemen:
- Lutz Prill, lutzprill@web.de
- Christian Strube (Physik-Fachleiter des Gymnasiums), ch.strube@googlemail.com
- Inga Jacobsen (Projektleiterin bei „Köpfchen statt Kohle“), i.jacobsen@stratum-consult.de.
Einige Basismodelle, die in der Energiewerkstatt gebaut werden können, werden auf dieser Website vorgestellt.
Die Altersspanne, in der sich Schülerinnen und Schüler bei „Köpfchen statt Kohle“ engagieren, um die Energie- und Klimabilanz ihrer Schule zu verbessern, reicht derzeit von 8 bis 16 Jahren. Tatsächlich betreuen wir Projektgruppen mit Schülern von der 3. bis zur 10. Klasse. Nicht selten sind Schülerinnen und Schüler zwei, drei und vier Jahre im Projekt und übernehmen immer anspruchsvollere Aufgaben. Zu den Schulen, die uns konstant die jüngsten angehenden Energiemanager schicken, gehört die Trelleborg-Schule. Hier ist das „Köpfchen statt Kohle“-Projekt im Nachmittagsbetrieb des Horts angesiedelt und es kommen regelmäßig die Drittklässler, um sich mit dem Energiethema auseinanderzusetzen. Die Acht- und Neunjährigen lernen die Heizanlage und den Heizkreislauf verstehen und setzen sich mit Messmethoden bis hin zum Umgang mit Wärmebildaufnahmen auseinander.
WEITERE KURZNACHRICHTEN
Von der Wetter- zur Klimastation: In der Grundschule am Hohen Feld haben die Energieaktivisten jetzt eine Wetterstation zusammengebaut und auf dem Dach angebracht. Sie können damit in Zukunft nicht nur einen aktuellen Wetterbericht vom Schulstandort liefern, sondern sie wollen auch dem Zusammenhang zwischen Außentemperaturen und Thermostateinstellungen an den Heizkörpern der Klassenräume nachgehen. Bereits in den letzten Jahren stellten die jungen Energiemanager fest, dass bestimmte Räume, die z.B. zwei Außenwände aufweisen, ein anderes Temperaturverhalten zeigen als die mehr innenliegenden Räume. Aus der Wetterstation soll im Lauf der Zeit eine „Klimastation“ werden, in der auch differenzierte Daten über den Energieverbrauch der Schule, über den damit verbundenen CO2-Ausstoß und über die Leistungsschwankungen der Schulsolaranlage zusammengeführt werden. Die Informationen sollen über einen Monitor in der Eingangshalle alle Mitschüler erreichen.
Von der Messaktion zum Messnetz: Bisher wurden Messdaten immer nur für einzelne Räume erhoben und ausgewertet. In Zukunft wollen die Energiemanager des Robert-Havemann-Gymnasiums alle Unterrichtsräume an ein Sensornetz anschließen, das sie derzeit mit Hilfe von Einplatinen-Computern (Raspberry Pi) und Mini-Routern aufbauen. Laufend erfasst werden dann zunächst die Raumtemperatur, die Luftfeuchte und der CO2-Gehalt. Jeder Energiemanager kann auf seinem Smartphone die aktuellen Daten abrufen, wenn er sich in Reichweite des Messnetz-WLANs befindet. Wie in einem Cockpit können die verschiedenen Messwerte schnell abgelesen werden (siehe Bild oben). Die Schüler hoffen, dass sie demnächst in der Schule einen eigenen Raum als „Messzentrale“ bekommen, vor dem dann auch ein Monitor montiert werden soll, der über die aktuellen Messungen informiert. Irgendwann sollen die Messdaten jederzeit in allen Unterrichtsräumen präsent sein, um das energiebewusste Verhalten von Schülern und Lehrkräften zu verstärken.
Vom Wissen zum Handeln: Lüftungswettbewerbe sollen an mehreren Schulen in diesem Winter Schülern und Lehrkräften helfen, richtig zu lüften. „Richtig“ heißt ebenso effektiv, was den Luftaustausch betrifft, also auch effizient, was die dabei verlorene Raumwärme betrifft. In den Grundschulen unter den Bäumen und am Falkplatz stellen die jungen Energiemanager derzeit in den Klassenräumen Messgeräte auf, an denen der CO2-Wert der Luft und die Raumtemperatur abgelesen werden kann. Da die Geräte die Messwerte auch aufzeichnen, können die Schüler der Projektgruppe dann nach ein paar Wochen feststellen, in welcher Klasse am häufigsten gelüftet wurde und wo die Luftqualität am besten war. Während der Messwochen gehen die Energiemanager auch in die Klassen und zeigen, wie am besten gelüftet werden kann, um in kurzer Zeit einen möglichst großen Luftaustausch zu erreichen. Da in beiden Schulen eine computergesteuerte zentrale Einzelraumregelung für die Heizung installiert ist, werden die Schüler außerdem in den längeren Pausen (den sogenannten Hofpausen) die Heizung am Computer ausschalten, damit länger gelüftet werden kann, ohne dass die Heizung auf Hochtouren läuft.