„Das kann doch nicht wahr sein!“ Die jungen Energiemanager der Grundschule an der Marie waren begeistert, als sie jetzt endlich ihren eigenen Heizungsrechner bekamen. Seit Schuljahresbeginn hatten sie darauf gewartet, am Computer selbst nachvollziehen zu können, was in der Heizungsregelung passiert, um dann einzugreifen, wenn durch bessere Einstellungen noch Energiesparpotenziale realisiert werden könnten. Mit Elan machten sie sich daran, für die einzelnen Klassenräume die Heizzeiten auf die tatsächlichen Nutzungszeiten anhand der Stundenpläne anzupassen – siehe unser Bild oben.
Doch dann kam die Ernüchterung. Als die Schüler sich nämlich die Auswertungskurven der letzten Wochen ansahen, wurde ihnen schnell klar, dass mit der Reduzierung der Heizzeiten oder der Limitierung auf 20 Grad Raumtemperatur im Computermenü noch gar nichts erreicht würde. Die meisten Räume der Schule sehen nämlich so aus, wie es die folgende Grafik darstellt:
Das bedeutet: Die Räume werden 24 Stunden am Tag durchgeheizt, auf 21, 22 oder gar 24 Grad! Und das schon seit Heizbeginn im Oktober, ja schon im vorhergehenden Schuljahr war es so, wie die Schüler aufgrund der Aufzeichnungen des Programms herausfanden. Die Empörung war groß und die Energiemanager gaben ihr in etlichen Beanstandungszetteln Ausdruck, die sie an die Zuständigen in der Bauverwaltung richteten. So groß die Empörung war, so groß dann aber auch die Überraschung: Schon nach wenigen Tagen teilte das zuständige Ingenieurbüro den „Köpfchen statt Kohle“-Energiemanagern mit, dass Austausch und Reparatur aller defekten Ventile bereits in den Osterferien stattfinden sollen.
Ähnliche Erfahrungen machten die Energiemanager in der Trelleborg- und der Homer-Grundschule. Auch hier sollen reihenweise die untauglichen Ventile, die eine Regelung der Heizung unmöglich machen, ersetzt werden.
Mit Ventilen beschäftigen sich die Siebtklässler des Havemann-Gymnasiums, die hier als Energiemanager unterwegs sind, derzeit nicht, obwohl auch sie wohl fündig würden. Was die Gymnasiasten derzeit untersuchen, ist vielmehr menschliches Verhalten in ihrer Schule, speziell das Verhalten von Lehrkräften. Seit kurzem sind nämlich auf Initiative eines Physiklehrers der Schule in sieben Klassenräume unübersehbar große Messstationen fest an der Wand installiert, mit denen neben Temperatur und Luftfeuchte vor allem der CO2-Gehalt in der Raumluft gemessen wird. Bekanntlich steigt letzterer im Winter in den geschlossenen Räumen sehr schnell an und macht die Schüler müde und unkonzentriert – wenn nicht durch konsequentes Lüften dagegen gearbeitet wird. Die Schüler wollen nun herausfinden, ob die Existenz der großen Messdisplays in den Klassenräumen allein schon ausreicht, um die Aufmerksamkeit der Lehrkräfte auf das Problem zu lenken und ein effektives Lüftungsverhalten zu induzieren. Zu diesem Zweck stellten die Datenlogger sowohl in Räumen mit den Displays als auch in Räumen ohne solche Einrichtungen auf und zeichneten die CO2– und Temperaturwerte auf. Eine erste Auswertung liegt nun vor. Demnach ist bei allen vier Display-Räumen CO2-mindernde Lüftungsaktivität zu beobachten, hingegen nur bei der Hälfte der sechs Kontrollräume. Das ist ein erster Hinweis auf einen Zusammenhang. Beim Einsammeln der Geräte stießen die Schüler auf eine Lehrerin, die bestätigt hat, dass das Display ihr Verhalten intensiv in Richtung Lüftungspausen beeinflusst hat. Nach dieser ersten Untersuchung sollen jedoch nun noch einmal alle sieben mit Messdisplays ausgestatten Räume einer genauso großen Vergleichsgruppe gegenüber gestellt werden. Die Abbildung unten zeigt an zwei Räumen aus der Untersuchung den typischen Unterschied zwischen „Lüftern“ und „Nichtlüftern“.
Die Energiemanager in der Schule am Hohen Feld dagegen setzen nicht auf menschliches Verhalten, sondern auf Technik. An ihrer Schule, so beobachten die Viertklässler, werden die Heizungsthermostate ständig verstellt, meistens sind sie viel zu hoch eingestellt, auf Stufe 4 oder 5. Um eine geregelte Temperatur von etwa 20 bis 21 Grad Celsius in den Klassen zu erreichen, so die Überzeugung der Schüler, reicht eine Einstellung auf Stufe 2, manchmal sogar noch weniger. Um dies zu erreichen, haben sie sich zeigen lassen, wie man die Thermostatventile durch Blockierstifte fixieren kann. Diese Stifte sind in den Thermostaten bereits eingebaut. Man braucht aber das richtige Werkzeug und einiges Fingerspitzengefühl, um an die Stifte heranzukommen und sie so einzusetzen, dass die Thermostate nicht über die gewollte Einstellung hinaus aufgedreht werden können. Wie unser Foto oben zeigt, sind die Viertklässler der Aufgabe jedoch auf jeden Fall gewachsen.
Seit kurzem nutzen sie den Dienstagnachmittag, wenn sie zusammenkommen, um alle Klassenräume umzustellen. Das kostet zwar einige Zeit, aber die Energiemanager sind überzeugt, dass ihre Aktion einen großen Effekt hat, Energie einspart, ein echter Beitrag zum Klimaschutz ist und auch das Problem überheizter Klassenräume löst. Um die optimale Thermostateinstellung herauszufinden, überprüfen die Schüler die Auswirkungen von “Stufe 2“ mit Hilfe von Datenloggern, die die Temperatur in den Räumen aufzeichnen (siehe Foto unten). Über die Ergebnisse werden wir berichten…
WEITERE KURZNACHRICHTEN
Kampf Raum um Raum. In der Homer-Grundschule melden die Energiemanager jeden Raum, der sich regelwidrig verhält. Von zuletzt fünf beanstandeten Räumen konnten zwei durch eine Technikfirma schnell repariert werden. Die Grafik unten zeigt anschaulich die Verbesserung, die Temperaturkurve entspricht jetzt der tatsächlichen Raumnutzung. In den anderen Räumen müssen Uralt-Ventile ersetzt werden oder sogar die hydraulischen Verhältnisse überprüft werden. Auch wenn es nicht immer schnell geht, die Energiemanager der Homer-Grundschule bleiben dran.
Und plötzlich kam der Heizkessel. Da staunten die Energiemanager der Grundschule unter den Bäumen nicht schlecht. Nur ein paar Tage, nachdem wir im Weblog berichteten, dass die Heizanlage der Grundschule seit einem Jahr statt mit zwei nur mit einem Heizkessel auskommen muss und deshalb der Hausmeister die Regelung ausstellen musste – mit dem Ergebnis, dass die Schule überheizt wurde -, berichteten die Schüler vom Beginn der Installationsarbeiten für den zweiten Heizkessel. Die Energiemanager machten ihrer Freude Ausdruck (Foto oben). Einen bereits vorbereiteten Brief an die Schulverwaltung mussten sie jetzt gar nicht mehr abschicken!
Als hätten sie den sozialpsychologischen Ratgeber „Nudge“ * gelesen, gingen Fünftklässler der Carl Humann-Schule vor, um den Zusammenhang zwischen Stehpinkeln und Energieverschwendung an ihrer Schule elegant und reibungslos aufzulösen. Denn wegen der Geruchsbelästigung, die das nahezu unvermeidbare Danebenpinkeln hervorruft, standen in den Klos der Jungs oft die Fenster auf. Gleichzeitig wurden die Heizungen hoch aufgedreht. Statt einer moralischen Informationskampagne packten die Schülerinnen und Schüler das Problem sehr viel praktischer an. Künftig sollen die Toiletten zu „Comic-Klos“ umgestaltet werden. Auf den Innenseiten der Toilettentüren werden wechselnde von den Schülern selbst gestaltete Comics aufgehängt, die man nur anschauen und lesen kann, wenn man sich beim Pinkeln hinsetzt. Und die vor den Kabinen befindlichen Urinale werden dadurch unbenutzbar gemacht, dass man sie zu Ausstellungsobjekten verfremdet und umgestaltet.
* „Nudge – so heißt die Formel, mit der man andere dazu bewegt, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Denn Menschen verhalten sich von Natur aus nicht rational. Nur mit einer Portion List können sie dazu gebracht werden, vernünftig zu handeln.“ Link zum Buch