Vorbei sind die Zeiten, da sie als „Energiedetektive“ mit einem Thermometer bewaffnet durch die Schule schlichen, um in den Räumen die Temperaturen zu messen. Heutige „Köpfchen statt Kohle“-Energiemanager stellen Datenlogger auf und analysieren die Temperatur- oder CO2-Messwerte anhand von EXCEL-Tabellen und mit Diagrammen. Auf diese Weise erheben sie hieb- und stichfeste Daten und kommen der Energieverschwendung viel besser auf die Spur.
Auch an der Grundschule unter den Bäumen in Berlin-Blankenburg gehen die Fünft- und Sechstklässler ganz selbstverständlich mit den Datenloggern um und werten die Daten am Computer selbst aus. An dieser Schule trifft sich die Energiemanager-Gruppe im Schülerclub des FiPP e.V., wo sie der Sozialpädagoge Martin Biermann unterstützt. Nach den Weihnachtsferien stellten die Schüler die Aufzeichnungsgeräte für Temperatur, Luftfeuchte und Kohlendioxidgehalt in drei Klassen für einen längeren Zeitraum auf. Als sie jetzt die Ergebnisse der Klassen 5a, 5b und 6c auswerteten, waren sie alarmiert: In allen Klassenräumen sinken die Temperaturen nie unter 20 Grad, auch nachts und an den Wochenenden nicht! Und tagsüber ist es in den Klassen meist viel zu warm. Das Diagramm unten zeigt den Wochenverlauf der Temperatur- und der CO2-Kurve.
Auf der Suche nach den Ursachen befragten die Schüler zuerst ihren Hausmeister. Außerdem setzten sie sich an dessen Heizungsrechner, um nachzuvollziehen, welche Einstellungen dort vorgenommen wurden. Vielleicht, so ihre Überlegung, könne man ja an den Heizungseinstellungen etwas zum Besseren verändern, denn die Grundschule an den Bäumen hat eine zentrale Einzelraumsteuerung für alle Räume. Hier kann für jeden Klassenraum, für Flure und Toiletten festgelegt werden, wie warm es sein soll und wie lange geheizt wird. Höchst erstaunt waren die jungen Energiemanager dann aber, als der Hausmeister ihnen erklären musste, dass die Einstellungen im Computer derzeit gar nichts bedeuten. Seit nämlich einer der beiden Heizkessel an der Schule, die mit Gas beheizt wird, ausgefallen ist, muss der Hausmeister alles per Hand steuern. Er zeigte den Schülern dann auch im Heizungskeller den leeren Platz des defekten Heizkessels und wie er manuell die Vorlauftemperatur an die Witterungsverhältnisse anzupassen versucht (Foto oben). Da die Schule angeblich bereits seit einem Jahr auf den neuen Heizkessel wartet, planen die Schüler demnächst einen Brief an die Verwaltung zu schreiben.
Mit Datenloggern kennen sich auch die Energiemanager in der Schule am Falkplatz inzwischen bestens aus. Noch im Dezember stellten sie in allen fünften und sechsten Klassen solche Geräte auf und starteten unter ihren Mitschülern einen Wettbewerb. Welche Klasse würde das Problem zu hoher CO2-Werte am besten in den Griff bekommen? Nun wurden die Ergebnisse ausgewertet. In einem kombinierten Score fassten die Energiemanager mehrere Faktoren zusammen und berechneten, wie lange in jeder der acht Klassen die CO2-Werte über 1.500 ppm lagen (siehe Foto oben). Neben diesem Faktor wurde auch berücksichtigt, wie lange die Klasse die Messung aufrechterhalten konnte (ohne dass der Stecker des Messgeräts von Schülern oder Lehrern gezogen wurde) und wie oft während des Unterrichtstages gelüftet worden war. Das Ergebnis erbrachte drei Wettbewerbssieger – siehe Tabelle unten.
Mit der erzielten Luftqualität sind die Energiemanager jedoch in keiner der Klassen zufrieden. „Es wird nach wie vor nicht richtig gelüftet“, stellen sie fest. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Es fehlen sowohl Lüftungsdienste in den Klassen als auch nicht selten die Kooperation der Lehrkräfte, die vor allem dann notwendig ist, wenn die Fenstergriffe zu weit oben angebracht sind oder sich die Fenster nur mit einem Vierkantschlüssel öffnen lassen. Der CO2-Wettbewerb kann also nur der Anfang einer längerfristigen Raumluft-Kampagne sein. Dass eine solche Kampagne der Energiemanager sich vor allem auch an die Lehrkräfte richten müsste, ist auch die Erfahrung an anderen Schulen.
Die Grundschule am Hohen Feld in Berlin-Karow will ihre Sechstklässler nicht entlassen, ohne dass sie ein fundiertes naturwissenschaftliches Wissen über erneuerbare Energien erworben haben. In zwei Projektwochen konnten die beiden sechsten Klassen jetzt Sonnen- und Windenergie sowie die Brennstoffzelle kennenlernen. In einer öffentlichen Präsentation am Faschingsdienstag stellen sie ihr Wissen unter Beweis. Das Foto oben zeigt die 6a am Ende der Projektwoche als stolze Hausbesitzer.
Zunächst war die Aufgabe einfach, mit der die 6a zusammen mit ihrer Lehrkraft Steffi Barchewitz in die Projektwoche startete. Die Wände und das Dach des „Power House“ aus Styropor sollten zusammengesteckt und die Anschlüsse für die Solarzelle auf dem Dach befestigt werden. In Gruppen von vier oder fünf Schülern wurden die Modellhäuser anschließend in Betrieb genommen. An die Solarzelle wurde eine LED angeschlossen und mit Halogenstrahlern simulierten die Schüler die Sonne, um zum Beispiel zu prüfen, wie weit eine Papierwolke sich vor die Solarzelle schieben muss, damit die Leistung der Solarzelle nicht mehr ausreichte, um die LED zum Leuchten zu bringen.
Was aber passiert in einer Solarzelle? Wie wandelt sie das einfallende Licht in elektrischen Strom um? Was sonst erst Schülern der Oberstufe abverlangt wird, erarbeiteten sich die Sechstklässler vom Hohen Feld mit Hilfe von Videos und Animationen im Internet. Hatten sie bisher nur von einheitlichen „Teilchen“ gehört, aus denen Materie besteht, mussten sie ihre Vorstellungswelt jetzt um negativ geladene Elektronen und positive Atomkerne und um die unterschiedliche Zahl von Bindungselektronen bei Silizium, Bor und Phosphor erweitern.
Dass eine LED den Strom nur in einer Richtung durchlässt, wurde den Schülern beim weiteren Experimentieren bewusst, als sie statt mit Sonnenenergie die Lampe mit einem Windrad zum Leuchten bringen wollten. Denn nur, wenn das Windrad vom Haarfön in einer Richtung angetrieben wurde, brannte die Lampe, in der anderen Richtung blieb sie dunkel. Eine ganze Woche lang lernten die Sechstklässler so durch praktische Experimente und anhand eigens erstellter Arbeitsunterlagen erneuerbare Energien, aktive und passive Sonnenenergienutzung, Windkraft und am Ende sogar Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft kennen. Sie wissen jetzt, wie durch Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten werden kann und was in einer Brennstoffzelle passieren muss, damit sie den Elektromotor eines fernsteuerbaren Modellautos antreiben können. Steffi Barchewitz, die die sechsten Klassen in Naturwissenschaften unterrichtet, zeigte sich von den Projektwochen begeistert. „Die Versuche rund um das Modellhaus sind so, dass alle Schüler davon profitieren. Die einen finden mehr den praktischen Zugang und andere bringen mehr Interesse an den theoretischen Erklärungen ein“, stellt sie fest. Am Ende würden aber alle Schüler Zusammenhänge rund um erneuerbare Energien besser verstanden haben. Den Beweis soll eine öffentliche Projektpräsentation am Dienstag, 17. Februar, ab 17:30 Uhr in der Aula der Grundschule am Bedeweg 1 in Karow erbringen. Alle 15 Modellhäuser warten dann zusammen mit ihren jungen Hausbesitzern auf die Besucher, um ihre energetischen Geheimnisse zu offenbaren.
Das Programm der Projektwochen wurde im Rahmen des Pankower Programms „Köpfchen statt Kohle“ von der Firma stratum entwickelt. Es soll nun auch den anderen der derzeit 17 teilnehmenden Schulen angeboten werden.
WEITERE KURZNACHRICHTEN
In der Schule am Hohen Feld befassen sich nicht nur die sechsten Klassen mit dem Energiethema. Seit Schuljahresbeginn arbeitet hier auch eine Gruppe von Viertklässlern am Nachmittag in einer Arbeitsgruppe als Energiemanager. Anders als in Schulen mit zentraler Einzelraumsteuerung müssen die Schüler hier die manuell bedienbaren Heizungsthermostate in den Griff bekommen. Damit sie auf Stellung 2 oder 3 bleiben, haben die Schüler jetzt das Handwerkszeug bekommen, um selbst die Thermostatköpfe in den Klassenräumen in der richtigen Einstellung zu blockieren. Ob Stufe 2, 2,5 oder 3 die jeweils passende ist, finden die Energiemanager durch begleitende Temperaturmessungen heraus.
In fünf „verdächtigen“ Räumen haben die Energiemanager der Homer-Grundschule jetzt eine Langzeitmessung abgeschlossen und die Ergebnisse an die zuständigen Technikfirmen weitergeleitet. Umgehende Auskunft des Ingenieurbüros: „Das ist ja eine sehr hässliche Darstellung. Es sieht so aus, als ob die Ventilkegel festsitzen. Ich werde mal mit Firma X. reden. Die können diese Teile ohne Entleerung der Anlage wechseln.“ Und kurze Zeit später bekamen die Energiemanager aus der Verwaltung die Meldung: „Bei der jetzigen Inspektion der Firma Y wurde festgestellt, dass 6 Ventilkegel festsitzen. Die Firma X wird dies beseitigen. Ich hoffe, dass damit das Problem gelöst ist.“ Über eine so rasche und positive Reaktion sind die Energiemanager der Homer-Grundschule höchst erfreut.
Zum zweiten Mal bekam das Energiezentrum Pankow, bei dessen Aufbau „Köpfchen statt Kohle“ mitgeholfen hat, Besuch aus Osteuropa. Diesmal waren 12- bis 15-jährige Schülerinnen und Schüler einer Kiewer Schule zwei Tage zu Gast, um Solarkollektoren zu bauen. Die begleitenden Lehrkräfte informierten sich über die Energiebildung in Pankow. Auch in Kiew möchte man künftig die Schüler und Lehrer in die Verbesserung der Energieeffizienz der Schulgebäude mit einbinden.
Was Energiemanager bei „Köpfchen statt Kohle“ auch lernen, ist Geduld. Da die Einrichtung des eigenen Rechnerzugangs zur Heizung für die Schüler an manchen Schulen länger dauert als geplant, lassen sich die Schülerinnen und Schüler etwas einfallen. Neben der Beschäftigung mit dem CO2-Gehalt der Raumluft in den Klassenräumen können dies auch ganz andere Dinge sein. So arbeiten die Energiemanager der Turnvater Jahn-Grundschule an einem Videofilm. In einem kurzen Plot wollen sie ein „Leben ohne Strom“ darstellen. Das Storyboard ist in Arbeit (Foto oben). Mit dem Film werden sie am Wettbewerb „Berliner Klimaschulen“ teilnehmen.
Die Energiemanager-Gruppe in der Grundschule an der Marie bildet einen der offiziellen Profilkurse der Schule. Anders als die anderen Profilkurse bleiben die Energiemanager jedoch das ganze Jahr über zusammen und wechseln nicht zum Halbjahr, um die Kontinuität der Arbeit zu gewährleisten. Wohl aber können neue Schüler hinzukommen – wie die vier Kinder aus der vierten Klasse, die kurz vor den Winterferien anklopften und fragten, ob sie mitmachen dürfen. Natürlich durften sie. Und sie gestalteten auch gleich ein Plakat „Wir sind die neuen“ für die Posterpräsentation, an der die Energiemanager gerade arbeiteten, um zum Abschluss des Halbjahres in der Aula ihren besonderen Profilkurs vorzustellen.