Es war einer dieser lauen Herbsttage am 9. Oktober, an denen morgens schon 17 oder Grad Außentemperatur gemessen wurden, als die angehenden Energiemanager der Grundschule an der Marie um 8 Uhr in Raum 207 zusammenkamen. Kaum waren sie in dem Klassenzimmer, als sie die Temperaturmessgeräte auspackten, denn es war anscheinend viel zu warm. In der Luft stellten sie Temperaturen um die 25 Grad fest, die Heizkörper waren so heiß, dass man sie nicht anfassen konnte. Weit über 60 Grad ergab die Messung mit dem Infrarot-Thermometer. Was war in ihrer Schule los? Beim anschließenden Rundgang mit dem Hausmeister durch den Heizungskeller kam die Sprache auch auf den überhitzten Raum.
Freimütig gestand der Hausmeister die Ursache. Am Schaltschrank zeigte er den Fünft- und Sechstklässlern, wie er die Heizung auf Handbetrieb umstellen kann. „Damit schalte ich jetzt in der Übergangszeit, solange noch nicht durchgeheizt wird, morgens die Heizung zwei Stunden auf Vollbetrieb“, gestand der Hausmeister. „Aber wieso denn, es wird doch dann viel zu warm?“ – „Wisst ihr, es gibt einige Lehrerinnen an unserer Schule, die beklagen sich, dass es morgens zu kalt ist. Für die mache ich das.“ Die jungen Energiemanager waren verblüfft.
Aber sie verstanden, dass ein Hausmeister versuchen muss, Klagen frierender Lehrkräfte möglichst zu verhindern. Dass in Zukunft gegenteilige Erwartungen an den Hausmeister von den Energiemanagern kommen werden, wenn diese das Heizungsmanagement kritisch überprüfen und verbessern, um Energieverschwendung zu verhindern, ist dem Hausmeister durchaus bewusst. „Ihr müsst eben mit den Lehrern reden und ihnen zeigen, wie warm es tatsächlich in den Räumen ist“, empfahl er seiner jungen Hilfstruppe – unser Bild oben zeigt einen Teil der Energiemanager-Gruppe zusammen mit ihrem Hausmeister.
Auf ein ähnliches Phänomen stießen die Energiemanager, die jetzt ihre Arbeit an der Klecks-Grundschule aufgenommen haben. Beim Rundgang durch die Heizanlage warfen sie auch einen Blick auf den Steuerungscomputer. Der Hausmeister war zwar nicht mit dabei, aber die Schüler kannten sich mit der Bedienung des Steuerungscomputers bereits aus. Sie stellten fest, dass zahlreiche Klassenräume von Montag bis Freitag durchgehend zwischen 6 Uhr morgens und 16 Uhr nachmittags beheizt werden. Offenkundig sind die Räume aber nicht wirklich 10 Stunden lang belegt. Die Schüler beschlossen sofort, sich die Stunden- und Belegungspläne für ihre Schule zu beschaffen, um gleich zu Beginn der Heizperiode die Heizzeiten an die tatsächliche Nutzung anzupassen. Dafür bekommen sie demnächst einen eigenen Rechner, um wirksam in das Energiemanagement ihrer Schule eingreifen und den Energieverbrauch ständig kontrollieren zu können.
Neben den Heizzeiten kontrollieren die Schüler auch die Temperatureinstellungen. Oft sind 21 oder 22 Grad als Soll-Temperatur eingestellt, obwohl nach der Arbeitsstätten-Verordnung 20 Grad vorgesehen sind – und in Klassenzimmern auch auf jeden Fall ausreichen, denn 20 bis 30 Kinder im Raum „heizen“ die Luft zusätzlich auf. In der Paul Lincke-Grundschule haben die Energiemanager damit begonnen, alle Räume von 21 auf 20 Grad einzustellen. Sie beobachten natürlich genau, wie die Temperaturverhältnisse in der Heizperiode in den einzelnen Klassen tatsächlich sind und ob die eingestellten 20 Grad wirklich erreicht werden. Nicht selten stoßen die Schüler nämlich auch auf technische Defekte wie z.B. kaputte Thermostatventile, die die Regelbarkeit der Heizung beeinträchtigen.
In der Praxis eignen sich die Schülerinnen und Schüler so auch ein grundlegendes Verständnis von technischen Regelsystemen an und lernen die Komplexität dieses Systems kennen, bei dem Hardware, Software und der Mensch zusammenpassen müssen. Immer noch gibt es zum Beispiel Lehrkräfte oder sogar Hausmeister, die glauben, man müsse am Regelungscomputer Vorlaufzeiten für das Aufheizen der Räume einstellen, obwohl diese Vorlaufzeiten ja vom Computerprogramm in Abhängigkeit der gemessenen Außentemperaturen und der Heizart selbst errechnet werden. Genauso wenig ist es möglich, einen Raum, der wärmemäßig unterversorgt ist, durch Einstellen von sehr hohen Solltemperaturen wie 23 oder 24 Grad zu „pushen“. Bei „Köpfchen statt Kohle“ lernen bereits Grundschüler solche Zusammenhänge an der Schnittstelle zwischen Mensch und Technik kennen.
Die jungen Energiemanager sind jedoch nicht nur mit Temperaturen und Heizkurven beschäftigt. In allen „Köpfchen statt Kohle“-Schulen bereiten sie sich und ihre Mitschüler derzeit auf die Kontrolle der Raumluft-Qualität im Winter vor. Sie stellen dafür zurzeit in ihren eigenen Klassen und später dann auch in anderen Klassen ihrer Schulen CO2-Messgeräte auf. Um ihren Mitschülern und den Lehrkräften zu erklären, worum es geht, bereiten sie 5-Minuten-Präsentationen vor und hängen in den Klassen Poster auf (siehe Bild unten), die zum Mitmachen anregen, weil man hier auch CO2-Messwerte eintragen und ablesen kann, wie sich die Raumluft während des Schultages verändert. Neben Messampeln, die die sich verschlechternde Luftqualität mit Gelb- oder Rotlicht anzeigen, setzen Energiemanager auch Datenlogger ein, um Werte im Tagesgang aufzuzeichnen und am Computer analysieren zu können. Unser Bild oben entstand in der Grundschule unter den Bäumen.
Der pädagogische Ansatz von „Köpfchen statt Kohle“ basiert auf dem entdeckenden Lernen und der Eigenaktivität der Schülerinnen und Schüler. (Demnächst findet auch ein Fortbildungsseminar dazu statt.) Deshalb verläuft jedes Projekt ein bisschen anders. Was zum Beispiel Energiemanager der Grundschule an der Marie vor kurzem gemacht haben, ist bisher einmalig. Sie wollten nämlich mit verschiedenen Temperaturmessgeräten einmal das Umfeld ihrer Schule untersuchen. Anhand der Temperatur von Kühlerhauben stellten sie fest, wie lange das jeweilige Auto schon geparkt ist. In einem Bäckerei-Café wollten sie wissen, wie heiß dort der Kakao ist. Also bestellten sich vier Schüler Kakao und richteten ihre Messgeräte darauf. In der Kühltruhe untersuchten sie, wie kalt die Luft ist und wie viel kälter die Kühlschlangen am Boden der Truhe sind. Die größte Überraschung war es für die Schüler, als der Besitzer des Cafés zu ihnen kam und sein eigenes Infrarot-Thermometer herzeigte, das er benutzt, um die Temperaturen in den Kühlfächern zu kontrollieren (Bild oben). Wieder zurück in der Schule entwarfen die Energiemanager gemeinsam einen Artikel für die nächste Ausgabe der Schülerzeitung unter dem Titel „Energiemanager erforschen die Umwelt und trinken Kakao“. Als Medium wurde dafür nicht etwa der Computer, sondern die Schiefertafel benutzt (siehe Bild unten), weil sie die gemeinsame Arbeit am Text optimal unterstützt.