An sich ist es schon eine Menge Arbeit, die Heizzeiten aller Klassenräume an den tatsächlichen Stundenplan anzupassen. Doch auf die Energiemanager der „Köpfchen statt Kohle“-Schulen kommen noch viel mehr Aufgaben zu. Obwohl die bisherigen milden Außentemperaturen den Problemdruck noch gering halten, stoßen die jungen Heizungsfachleute bei ihren Überprüfungen in zahlreichen Klassenräumen auf Ungereimtheiten, die sie aufklären müssen. Ein Beispiel: Da gibt es in der Grundschule am Kollwitzplatz einen Raum, der ständig mindestens 22 Grad warm ist, Tag und Nacht – und das, obwohl zwei Kippfenster ebenfalls ständig offenstehen (siehe Foto).
Der Diagrammausdruck des Heizungsprogramms besagt, dass angeblich die Heizungsventile ständig geschlossen sind. Da kann etwas nicht stimmen! Die Energiemanager benutzen den Ausdruck des Diagramms, um darauf ihre Beobachtungen und Fragen gleich direkt an den Ingenieur zu schicken, der für die Heizungssteuerung in ihrer Schule verantwortlich ist (siehe Bilder oben und unten).
Peter Schoof reagiert sofort, hat aber nicht gleich eine Lösung. Er schreibt den Energiemanagern eine Mail: „Ich werde erst mal vorbeischauen und dann antworten.“ Zwei Tage später wird die Auskunft dann konkreter: „In diesem Raum gab es zwei Probleme: 1. Das Ventil hing in verschiedenen Positionen durch Kalkrückstände fest. Ein Tropfen Spezialöl und Bewegung hat das Problem behoben. 2. Der Ventilantrieb hatte nur noch die Hälfte der geforderten Schließkraft und musste ausgewechselt werden. Ich bitte noch um eine Rückmeldung, ob diese Maßnahmen erfolgreich waren.“
Das lassen sich die Schüler natürlich nicht zweimal sagen. Bei ihrem nächsten Treffen früh morgens zwischen sieben und acht Uhr besuchen sie auch diesen Klassenraum noch einmal und messen die Temperatur der Heizung und der Luft (siehe Foto oben). Tatsächlich ist der Heizkörper jetzt kalt. Dass immer noch die Kippfenster dauerhaft offenstehen, wollen sie im Auge behalten. Solange es noch so untypisch warm draußen ist, ist das ja kein Problem. Aber sobald es kälter wird, wollen die Schüler erneut die Heizkurven am Computer überprüfen und auch das Klassenzimmer inspizieren. Nicht nur Peter Schoof wird dann eine Nachricht bekommen, sondern auch die Schüler und die Lehrkraft von Raum 207.
Weil das nur ein Einzelfall von sehr vielen ist, kann man sich leicht vorstellen, auf welchen Heizungs-Marathon sich die Schülerinnen und Schüler, die als Energiemanager unterwegs sind, einstellen müssen. Was sie motiviert, ist zum einen die Tatsache, dass sie tatsächlich Verbesserungen erreichen. Außerdem bekommen sie immer wieder ein positives, interessiertes Echo von den Mitschülern und den Lehrkräften. Wie zum Beispiel die Schüler der Homer-Grundschule, die in alle Klassen gegangen sind, um zu erfahren, welche Wohlfühltemperatur die einzelnen Klassen haben wollen. Am anderen Tag fanden sie nämlich einen Zettel einer Lehrerein im Fach ihres Betreuungslehrers, auf dem stand: „Meine Schüler können keine hilfreiche und sichere Angabe zur angenehmen Raumtemperatur machen, da wir noch nie die Zimmertemperatur gemessen haben und keine Vorstellung von 17-22 Grad haben!“ Dem kann abgeholfen werden. Die Klasse bekommt von den Energiemanagern ein digitales Luftthermometer, um selbst herauszufinden, welche Temperaturen im Raum herrschen und bei welcher Gradzahl sich alle am wohlsten fühlen.
Die Aktivitäten der Energiemanager haben nicht selten auch indirekte Auswirkungen auf den Energieverbrauch. Einfach weil das Thema ständig in der Schule präsent ist. So kam jetzt der Hausmeister der Grundschule am Kollwitzplatz auf die Idee, den zuständigen Ingenieur einmal zu fragen, ob man nicht das Schulgebäude und das Horthaus heizungstechnisch trennen könne. Denn während in den Schulferien die Schule auf Frostschutzbetrieb geschaltet werden kann, wird das Horthaus auch in den Ferien genutzt und muss entsprechend beheizt werden. Und siehe da: Es geht! Hausmeister Lutz Domann war ein bisschen stolz, als er die Energiemanager über diese erfolgreiche Sparmaßnahme informieren konnte. Unser Foto zeigt ihn in natura und – auf dem Infomonitor der Energiemanager – als „Superman“, zu dem die Energiemanager ihn für sein Engagement ernannt haben.
Auch der Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung ist jetzt auf „Köpfchen statt Kohle“ aufmerksam geworden. Für einen Trailer-Film zum Thema „Nachhaltigkeit“ schickte er ein Filmteam in die Grundschule am Kollwitzplatz, um den jungen Energiemanagern über die Schulter zu schauen und Hausmeister Lutz Domann sowie Projektleiter Richard Häusler zu interviewen. Hier die Fragen des Rates und die Antworten von „Köpfchen statt Kohle“:
Was ist die Idee hinter dem Projekt?
Schüler übernehmen selbst die Heizungssteuerung an ihrer Schule. Und damit die Verantwortung für ihre Energie- und Klimabilanz.
Wie kam es zu der Idee?
Für den Bezirk Pankow suchten wir – im Auftrag von Schul- und Bauamt – nach neuen, erfolgreicheren Methoden, um die Gebäudenutzer in den Schulen – also Schüler und Lehrer – beim Energiesparen zu unterstützen.
Was wird durch das Projekt verändert?
Zunächst einmal die Heizzeiten und die Höchsttemperaturen in den Klassenzimmern im Winter. Die Zeiten werden konsequent an den Stundenplan angepasst. Und es wird versucht, mit 20 Grad ein angenehmes Raumklima zu schaffen. Damit reduziert das Projekt die Energieverschwendung. Es verändert aber vor allem die Einstellung von Schülern und Lehrkräften. Sie lernen, dass sie einen technisch-organisatorischen Komplex wirklich selbst beeinflussen und steuern können.
Was bedeutet „Nachhaltigkeit“ für Sie?
Nachhaltigkeit ist ja eigentlich ein ungeheuer dehnbares Plastikwort. Wir brauchen es in unserem Projekt faktisch nicht. Weder die Schüler noch die Lehrer reden von Nachhaltigkeit – obwohl sie es ja tun. Der Begriff ist in der Praxis unwichtig. Man braucht ihn manchmal nur in der Politik und den Medien, als Kürzel.
Warum wird das Projekt langfristig wirken?
Weil es von immer mehr Schulen übernommen wird. Letztes Jahr waren es drei Schulen. In diesem Jahr kommen mindestens sechs dazu. Und wenn eine Schule einmal mit der Ausbildung und dem Einsatz von Energiemanagern angefangen hat, wird sie dabei bleiben. Denn die Schüler wissen, dass es eine Daueraufgabe ist.
Warum macht Sie das Projekt stolz?
Weil wir das Schul- und vor allem das Bauamt davon überzeugen konnten, dass Schüler wirklich die Verantwortung für die Heizungssteuerung übernehmen können. Und damit die Möglichkeiten, die diese zentralen Steuerungen bieten, erst wirklich ausgeschöpft werden.