Studie fordert bessere Energiebildung – Schon in der Grundschule anfangen – „Köpfchen statt Kohle“ könnte eine Antwort sein

Eklatante Mängel bei der Vermittlung einer wirksamen Energiebildung stellten jetzt Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und der Mathematik (IPN) fest. Im Auftrag der RWE Stiftung untersucht das Institut in einer zweijährigen Studie die Lehrpläne, die Unterrichtskonzepte der Lehrkräfte und das Energiewissen der Schüler – bundesweit und in allen Alters- und Schulstufen. Am Ende sollen auch Best-Practice-Beispiele als Messlatte für eine wirksame Energiebildung zur Verfügung stehen.  Die Ergebnisse der Lehrplananalyse wurden soeben vorgelegt. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Im bundesweiten Vergleich ergibt sich ein höchst uneinheitliches und anscheinend zufälliges Bild der Behandlung des Energiethemas in den Schulen. Dabei zeigt das Schulfach „Physik“, das eigentlich den stärksten Energiebezug unter den Fächern aufweist, sogar die geringste Kohärenz in den Vorgaben der Lehrpläne. Die Wissenschaftler halten diesen Befund für „bedenklich“.
  • Untersucht wurden verschiedene Dimensionen der Energiethematik: Transport, Umwandlung, Erhaltung, Entwertung sowie die technischen, ökologischen und ökonomischen Aspekte. Dabei zeigt sich nicht nur wieder von Bundesland zu Bundesland ein höchst uneinheitliches Gewicht der vier thematischen Dimensionen bei der Behandlung von Energie, sondern auch eine starke Vernachlässigung der Dimension „Energie-Entwertung“. Dazu die IPN-Wissenschaftler: Gerade diese Dimension „ist sowohl fachlich als auch überfachlich von großer Bedeutung. Überlegungen zur Effizienz und zur nachhaltigen Nutzung von Energie bauen darauf auf.“
  • Während in den Lehrplänen der Sekundarstufe 1 die thematische Vielfalt des Energiethemas noch relativ breit ist und auch gesellschaftliche Aspekte einschließt, findet in der Sekundarstufe 2 eine Rückentwicklung statt. Obwohl man annehmen müsste, dass die älteren Schüler noch besser in der Lage sind, komplexe Zusammenhänge zwischen Technik und Gesellschaft zu verstehen und spezifische Kompetenzen für energiebewusstes Verhalten und Handeln aufzubauen, wird in den Lehrplänen das Energiethema wieder auf innerfachliche Aspekte verengt.
  • In einigen Bundesländern, so auch in Berlin, werden in manchen Schularten die naturwissenschaftlichen Fächer zu einem Verbundfach NAWI integriert. Man könnte annehmen, dass dies eine besonders gute Voraussetzung für eine interdisziplinäre und integrierte Behandlung des Energiethemas darstellt. Doch die wissenschaftliche Untersuchung kommt zu einem negativen Ergebnis: Das Fach NAWI „stellt keine ausreichend strukturierten Curricula zur Energiebildung bereit“  und „ eine Vernetzung der Energie als naturwissenschaftlich-technisches Querschnittskonzept findet nicht statt“.

Auf der Basis ihrer Auswertungen und Vergleiche plädieren die Wissenschaftler dafür, dem Thema „Energie“ vor allem in der Grundschule größeren Raum zu geben: „Aufgeschlossenheit für und orientierendes Verstehen von energetischen Phänomenen müssen stärker als bisher bereits in der Grundstufe Berücksichtigung finden“. In der Praxis erfordere dies eine „Verstärkung von aktivierenden Unterrichts- und projektartigen Arbeitsformen“.

Eigentlich müsste „Köpfchen statt Kohle“ von den Wissenschaftlern des IPN als Positivbeispiel entdeckt werden. Denn mit den Unterrichtsprojekten in den Klassenstufen 4 bis 10, die im Rahmen der Pankower Energieinitiative  stattfinden, entsteht derzeit eine Vielzahl von praktischen Ansätzen einer anspruchsvolleren und umfassenderen Energiebildung, die die Schülerinnen und Schüler zu eigenständigem Nachdenken und Handeln bewegt. Bei den Projekten geht es beileibe nicht nur um die Vermittlung von Energiespartipps, sondern um die Bearbeitung des Energiethemas in komplexen Zusammenhängen, die die technische, naturwissenschaftliche, soziale und psychologische  Seite miteinander verknüpfen. Neben Mess- und Untersuchungsprojekten, die in die Diskussion von umfassenden, die ganze Schule einbeziehenden Handlungs- und Verbesserungsmöglichkeiten einmünden, entstehen auch spezifische handlungsorientierte Zugänge wie das „Energiequiz“. Mit dieser von stratum® entwickelten Lerneinheit erweitern Grundschüler der 4. bis 6. Klassen ihren Energiebegriff und lernen Energiearten und Formen der Energieumwandlung durch praktische Experimente kennen. Das „Energiequiz“ wird von den beteiligten Schulen oft als Einstiegsphase in weiterführende Energieprojekte genutzt. Die Fotos dieses Artikels geben Impressionen aus dem „Energiequiz“ wieder.

Über Richard Häusler

Projektleiter des Projekts "Köpfchen statt Kohle" im Auftrag des Bezirksamts Pankow
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